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ie Taliban haben, einmal wieder, ein Mohnverbot ausgesprochen. Doch was passiert, wenn Afghanistan den Hahn für den Grundstoff zur Heroinherstellung zudreht? Genaugenommen wäre dies überaus wünschenswert, aber die Konsumenten suchen sich eine Alternative. Experten befürchten, sie könnten auf noch gefährlichere synthetische Opioide wie Fentanyl umsteigen.

Afghanistan: der Grundversorger für Europas Heroin

Tulpen kommen aus Holland. Schlafmohn und damit Heroin aus Afghanistan. Aus dem krisengetriebenen Staat in Asien stammt nahezu das komplette Heroinangebot, welches seinen Weg in den Körper der Drogensüchtigen findet. Das Verhältnis der Taliban, die seit Ende August 2021 erneut das Land kontrollieren, zum Mohn ist gespalten.

Die Taliban haben in der Vergangenheit das Mohnverbot in Afghanistan sowohl unterstützt als auch bekämpft.

In den späten 1990er Jahren, als die Taliban die Kontrolle über große Teile Afghanistans hatten, erklärten sie ein Mohnverbot und versuchten, den Opiumanbau zu unterbinden. Dies geschah aus religiösen Gründen, da der Konsum von Drogen im Islam verboten ist.

In der Praxis hatte das Verbot jedoch gemischte Auswirkungen. Obwohl die Taliban die Produktion und den Handel mit Drogen offiziell verboten hatten, wurden sie auch beschuldigt, an den Gewinnen aus dem Drogenhandel beteiligt zu sein, um ihre Aktivitäten zu finanzieren. Einige Berichte deuteten darauf hin, dass die Taliban das Verbot selektiv durchsetzten und von Schmuggel- und Schutzgeldzahlungen profitierten.

Es gab ebenfalls Zeiten, in denen die Taliban den Anbau von Mohn aktiv unterstützten. In den 2000er Jahren, als ihre Kontrolle über Teile Afghanistans abnahm, wurden sie in einigen Gebieten zu Schutzherren von Opiumbauern und profitierten von den Einnahmen aus dem Drogenhandel. Inzwischen hat sich der Wind wieder gedreht.

Im April 2022 gaben die Taliban bekannt, den Mohnanbau und die Herstellung von Heroin sowie Opium inklusive des Schmuggels zu verbieten.

Inzwischen soll sich die Größe der Anbauflächen immens reduziert haben. Das dürfte laut Experten dazu führen, dass spätestens 2024 auf den Straßen Europas kaum noch Heroin erhältlich sein wird.

Kein Heroin mehr: Was sind die Konsequenzen?

Wie bereits erwähnt, hatten die Taliban bereits in der Vergangenheit ein Mohnverbot ausgesprochen. Damals im Jahr 2000 brach daher der Markt mit diesem Rauschgift ein. Sein Preis stieg an und die Qualität des noch verfügbaren Heroin sank drastisch.

Die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht sieht eine erneute Heroinkrise auf Europa zukommen. Ein Wunschdenken ist, dass dadurch die Nachfrage nach Entzugsmöglichkeiten ansteigen würde.

Sicherlich trifft dies auf den einen oder anderen Konsumenten zu. Viel wahrscheinlicher ist allerdings ein anderes Szenario: Die Süchtigen steigen auf synthetische Opioide um, zu denen Fentanyl gehört. Bislang ist das künstlich hergestellte Opioid in Europa noch nicht so weit verbreitet. Das ist gut so, denn es ist bis zu 100-mal stärker als Morphium.

Es mag sonderbar klingen, aber Heroin dient derzeit in Europa als Puffer gegen einen verstärkten Fentanyl-Konsum. Fällt das Heroin weg, könnte sich dies ändern, denn die Süchtigen suchen nach dem Rausch und die Drogenkartelle nach einer neuen Einnahmequelle.

Was macht Fentanyl so gefährlich?

Fentanyl ist aufgrund seiner extrem hohen Potenz besonders süchtig machend und gefährlich. Im Vergleich zu anderen Opioiden wie Morphin oder Heroin ist Fentanyl bis zu 100-mal stärker. Dies bedeutet, dass bereits eine sehr geringe Menge Fentanyl eine starke Wirkung haben kann, die zu einer Überdosierung und zum Tod führt.

In der Medizin kennt man Fentanyl vor allem als potentes Schmerzmittel. Es wird in der Regel erst dann verabreicht, wenn Morphium die starken Schmerzen des Patienten nicht mehr lindert, was bei sogenannten Durchbruchschmerzen bei Krebspatienten der Fall ist.

Die hohe Potenz von Fentanyl erhöht das Risiko von Überdosierungen, insbesondere wenn Menschen unwissentlich eine Substanz konsumieren, die mit Fentanyl verunreinigt ist. Da Fentanyl häufig in anderen Drogen wie Heroin, Kokain oder Pillenfälschungen beigemischt wird, kann der Konsum dieser Substanzen zu einer unberechenbaren und potenziell tödlichen Situation führen.

Ein weiterer Faktor, der Fentanyl so gefährlich macht, ist seine schnelle Wirkung. Aufgrund der hohen Lipidlöslichkeit (Fettlöslichkeit, griech. lipos = Fett) kann Fentanyl schnell die Blut-Hirn-Schranke überwinden und sich im Gehirn anreichern. Dies führt zu einer raschen Unterdrückung des zentralen Nervensystems, im Speziellen des Atmungszentrums, was zu Atemdepression und Atemstillstand führen kann.

Darüber hinaus ist Fentanyl wegen seiner synthetischen Natur variabler in Bezug auf Reinheit, Dosierung und chemische Zusammensetzung im Vergleich zu natürlichen Opioiden. Dies erschwert die genaue Kontrolle und Dosierung für Konsumenten und erhöht das Risiko von unvorhersehbaren Reaktionen und den bereits erwähnten Überdosierungen.

In den USA verschrieben die Ärzte über viele Jahre hinweg Fentanylpillen als Schmerzmittel, übersahen dabei aber, wie süchtig es machte. Ein Missbrauch des Medikaments entwickelte sich und ein Schwarzmarkt mit Fentanyl erblühte. Tausende Süchtige begaben sich mit dem Rauschgift in Lebensgefahr. Mehrere zehntausend Personen sterben in den USA jedes Jahr durch Fentanyl. Für Drogenexperten gehört Fentanyl damit zu den gefährlichsten Drogen überhaupt.

Extrainfo: Fentanyl wirkt auf das zentrale Nervensystem. Es kann Schmerzlinderung, Euphorie und Entspannung sowie Schläfrigkeit verursachen.

Kommen neue Süchtige hinzu?

Die Sucht nach Fentanyl ist in den USA auch deswegen so weit verbreitet, weil mehr Menschen verschreibungspflichtige Schmerzmittel missbrauchen. In Europa tritt diese Art der Drogensucht deutlich weniger häufig auf. Deswegen könnte der Fentanylmissbrauch geringer ausfallen, als er es derzeit in den USA ist. Experten gehen nicht davon aus, dass Nutzer von gut verfügbaren Psychodrogen auf einen Drogenkonsum von Fentanyl umsteigen würden. Dieses Risiko beträfe in erster Linie die Heroinabhängigen.

Allerdings besteht die Gefahr, dass ein unbeabsichtigter Drogenmissbrauch mit einem Fentanyl-Mischprodukt geschieht. Europol-Sprecher Jan op gen Oorth warnt: „Es ist wohl unwahrscheinlich, dass eine Droge mit dem Namen Fentanyl oder China White, China Doll oder Sudden Death oder wie auch immer sie heißt ... einfach auf dem europäischen Markt auftaucht.

Was wir im nächsten Jahr hier und da sehen könnten, sind Gruppen, die versuchen, eine andere Droge mit Fentanyl zu mischen. Das schafft neue Märkte, denn Fentanyl ist billig und macht stark süchtig."

Wenn sich die Anzahl von Drogentoten in den nächsten Jahren deutlich erhöht, könnte die Fentanyl-Welle und damit das Geschäft mit der Drogensucht auch bei uns Einzug gehalten haben. Aufklärung über diese tödliche Droge ist daher vonnöten.

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Wichtiger Hinweis: Die hier angebotenen Informationen und Gedankenanstöße dienen lediglich der Orientierung und ersetzen keine qualifizierte, medizinische, heilpraktische oder anderweitige fachliche Beratung.

Photo by Matt Paul Catalano on Unsplash

Publiziert am
Jun 30, 2023
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